In seinem Grußwort verwies Martin Rabanus MdB, Vorsitzender des Deutschen Volkshochschul-Verbandes, darauf, dass der DVV schon lange die Bedeutung der (Medien-)Bildung im Zusammenhang mit Demokratieförderung und digitaler Souveränität wahrnehme, sprach das Misstrauen vieler Bürger*innen gegenüber Politik und Medien an und forderte gemeinsame Anstrengungen von Zivilgesellschaft, Politik und Plattformbetreibern als Gegengewicht zum Populismus.
Das Grußwort im Wortlaut:
Ich freue mich darauf, mit Ihnen darüber zu diskutieren, wie wir in der digitalen Revolution souverän bleiben oder es werden.
Nur Demokratien sind in der Lage, die rasanten digitalen Entwicklungen im Interesse der Menschen und unter Wahrung ihrer Rechte zu steuern, denn im demokratischen Staat bestimmen die Bürger*innen selbst, und eine funktionierende Öffentlichkeit kontrolliert die Politik. Eben darum stehen wir heute vor einem Dilemma.
Viele Bürger*innen sind skeptisch, sogar misstrauisch gegenüber den Partizipationsangeboten der repräsentativen Demokratie. Und vielen bedeutenden Medien wird die historisch gewachsene Rolle als Akteur der politischen Öffentlichkeit und somit Gegenmacht zum Staat von Teilen der Gesellschaft nicht mehr abgenommen. Stattdessen wird ihnen unterstellt, partikulare Interessen von Eliten zu vertreten oder gar Manipulation im Auftrag eines mutmaßlichen „Deep State“ zu betreiben. Solche Anwürfe stellen den professionellen Journalismus infrage und noch weit mehr: Schließlich ist die berühmte vierte Gewalt konstitutiv für das Modell der freiheitlichen und demokratischen politischen Ordnung.

Woher kommt das Misstrauen gegenüber Medien, ihre Wahrnehmung als „etabliert“ und „elitär“? Augenscheinlich verfängt die fortwährende Diffamierung seriöser Medien, allen voran der öffentlich-rechtlichen, durch Populist*innen und Rechtsextreme. Mit dem Augenschein wollten sich die European Broadcasting Union und die großen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland, Österreich und der Schweiz jedoch nicht zufriedengeben – und haben nachgefragt: Wen erreichen sie in der kommerzialisierten digitalen Medienwelt noch? Dringen sie zu Menschen in prekären Lebensverhältnissen vor? Zu Menschen außerhalb der urbanen Zentren? Was macht es den Gegner*innen der offenen Gesellschaft und des wertebasierten Pluralismus bei ihrer Agitation gegen Qualitätsmedien so leicht? Die Autor*innen der gerade erschienenen „Public Value“-Studie der Öffentlich-Rechtlichen haben genau hingesehen, zum Beispiel bei einer Befragung von Menschen im Bundesland Sachsen.
Das Ergebnis: Ja, zahlreiche Menschen unterstellen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Befangenheit und Meinungsmache. Bemerkenswert: Unter ihnen sind viele, die es nach eigener Aussage zu DDR-Zeiten gewohnt waren, sich angesichts der Einseitigkeit tatsächlich staatsgeleiteter Medien aus vielen unterschiedlichen Quellen selbst eine Meinung zu bilden. Und diese selbständige Meinungsbildung machen sie sich weiterhin zur Devise. Das mache sie empfindlich, aber vielleicht auch zugänglich, sagen die Forscher*innen. Die öffentlich-rechtlichen Medien könnten auf diese Menschen zugehen, ohne sich auf falsche Ausgewogenheit einzulassen.
Ein weiteres Ergebnis der Studie, das vorsichtig optimistisch stimmt: In einer bundesweiten Untersuchung schrieben immerhin 53 Prozent der Befragten den öffentlich-rechtlichen Medien einen starken oder sehr starken Beitrag zur Bildung in Deutschland zu. Das beste Ergebnis erzielten übrigens mit 65 Prozent Zustimmung die Volkshochschulen – geradezu ein Aufruf an Medien und vhs, gemeinsam am Ansehen der vierten Säule unserer Demokratie zu arbeiten: hier mit guten Medienprodukten, dort mit Medienbildung. Wir wollen Medien Verantwortung für politische Partizipation und digitale Selbstbestimmung in unserer Gesellschaft übertragen. Umgekehrt sollten Institutionen der Zivilgesellschaft auch Verantwortung gegenüber den Medien wahrnehmen.
Ich habe eine hohe Meinung von den Leistungen der Medien in unserem Land. Ich sehe hervorragende Beispiele dafür, wie Kreative – ob bei den Öffentlich-Rechtlichen, beim privaten Rundfunk oder als Einzelne – die digitale Medienrevolution mit hoch professionellen und attraktiven Online-Formaten gestalten. Ohne zu belehren, beziehen sie Position für die Grundwerte der Demokratie. Unser Gastgeber, das Grimme-Institut, zeichnet solche Leistungen mit seinen Online Awards aus.
Die aktuellen Entwicklungen in der Medienwelt erscheinen uns umwälzend, aber dies ist nur der Anfang. Eine große Rolle wird KI in den Medien spielen, damit müssen wir uns auseinandersetzen. Und bei allem Optimismus: Es haben sich Informations- und Diskursformen entwickelt, die nicht mehr auf einer gemeinsamen gesellschaftlichen Basis funktionieren. Um dies konstruktiv zu begleiten, bedarf es gemeinsamer Anstrengungen aller politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Akteure – mit einem besonderen Blick auf die Medienschaffenden. Ich freue mich, dass auch das Grimme Institut, dessen Gesellschafter der DVV ist, in diesem Prozess eine Rolle übernehmen und ihn mit seiner Expertise – Stärkung der Medienqualität – unterstützen wird: durch Monitoring, Vernetzung und Evaluation. Die heutige Veranstaltung ist ein Beispiel dafür.