Im Panel „Digitale Souveränität und die Verantwortung der Medien“ mit Martin Rabanus, kultur- und medienpolitischer Sprecher der SPD, Dr. Susanne Pfab, Generalsekretärin der ARD, Sabine Frank, Head of Governmental Affairs and Public Policy Google, und Prof. Dr. Christopher Buschow, Leiter Digitaler Journalismus Hamburg Media School, ging es aus den Perspektiven von Politik, ÖRR, Google und Wissenschaft /Journalismus um Verstärkung der Regulierung sowie um Stärkung des europäischen Marktes, um die Schaffung einer europäischen Lösung mithilfe von Investitionen und Forschung, um Relevanz partnerschaftlicher Zusammenarbeit und um Stärkung eines freien Journalismus, die Qualifizierung des journalistischen Nachwuchses und eines europäischen Wegs.
Speaker*innen des Panels:
Videostatements aus unserem Speakers‘ Corner:
Martin Rabanus MdB, kultur- und medienpolitischer Sprecher der SPD
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Dr. Susanne Pfab, Generalsekretärin der ARD
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Sabine Frank, Head of Governmental Affairs and Public Policy Google
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Prof. Dr. Christopher Buschow, Leiter Digitaler Journalismus an der Hamburg Media School
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Im Folgenden finden Sie eine schriftliche Zusammenfassung. Die Inhalte stehen Ihnen zudem als Audiomitschnitt zur Verfügung:
Nach einer kurzen Einstiegsrunde zur zuletzt genutzten App bat die Moderatorin Pinar Atalay um eine Einschätzung des Europäischen Digitalgipfels vom Dienstag. Martin Rabanus betonte, dass es sehr wichtig sei, das Thema in den Fokus zu nehmen, da es zwar klare Absichtserklärungen gäbe, jedoch noch keine Ergebnisse, und bisher eine mangelnde Beschlusskraft vorläge. Eine gemeinsame Beschlusslage von Frankreich und Deutschland sei gut.

Susanne Pfab sagte, dass der Digitalgipfel sehr wirtschaftlich ausgerichtet gewesen sei, auch wenn es gut sei, dass das Thema in den Fokus gerückt würde. Es sei jedoch ein wenig einseitig gewesen, da es ja auch darum gehe, die Hoheit über unsere Kommunikationsräume zu haben, zumindest stehe aber in der gemeinsamen Erklärung, dass man gemeinsam gegen Desinformation kämpfen wolle und dieses als wichtige demokratische Grundlage sehe. Auch Medien diskutierten schon mindestens 10 bis 15 Jahre über eine eigene Struktur, um ein Gegengewicht zu den großen außereuropäischen Playern zu bilden. Es sei aber auch nicht vorstellbar gewesen, dass es sich innerhalb weniger Monate, mit dem Wechsel an der Spitze Amerikas, so ändern könne und sich mit einem Mal die Abhängigkeiten in so heftige Probleme wandelten.
Christopher Buschow stimmte dem zu, der Digitalgipfel sei sehr wirtschaftlich ausgelegt gewesen, das habe ihn gestört, da das Thema auch gesellschaftspolitisch diskutiert werden müsse. Die Panels hätten breiter auch mit zivilgesellschaftlichen Akteuren besetzt werden müssen. Europa könne nicht einfach kopieren, was in den USA und China gemacht wird, sondern es brauche einen europäischen Weg. Zudem sei es wichtig, den Zusammenhang von Wirtschaft, Ökonomie und Demokratie wahrzunehmen. Google müsse investieren, gleichzeitig gehe es nicht ohne Regulierung.
Sabine Frank wies aus Google-Sicht darauf hin, dass Europa aktiver und wieder wettbewerbsfähig werden müsse. AI sei ein Motor für den europäischen Mittelstand und für die Großindustrie. Es gäbe sehr viel Forschung in Europa, man bekäme es aber nicht hin, die Forschung zu kommerzialisieren aufgrund eines fehlenden einheitlichen europäischen Finanzmarktes. Das alles sei beim Digitalgipfel adressiert worden. Partnerschaftlich sei hier das nächste Stichwort. Europa könne dies alles nicht alleine bewerkstelligen. Man müsse in Aktion kommen und brauche Produkte. Google wolle Partner in Europa/Deutschland sein, es würde weiter investiert, es gehe nur gemeinsam. Sie schaue nicht kritisch auf die Bestrebungen Europas und es müsse vorwärts gehen, aber vielleicht nicht ohne Google.
Auf die Frage nach der Bedeutung Digitaler Souveränität, ob es ausreiche, wenn die Daten in europäischen Rechenzentren lägen, wies Martin Rabanus darauf hin, dass die Regulatorik durch die Politik wichtig sei, da die großen Player dies von sich aus nicht tun würden. Denn das was passiere, müsse am Ende des Tages von den Menschen kontrolliert werden, die es beträfe. Sabine Frank nahm Bezug darauf und sagte, dass beides richtig sei, so viel Investitionen in Rechenzentren wie möglich – auch von deutschen Unternehmen. Es fehle an Infrastruktur und das Interesse an Investitionen in Deutschland durch Google zeige das Interesse am Standort Deutschland. Google arbeite mit deutschen und europäischen Playern zusammen und Daten könnten auf deutschen Servern von deutschen Firmen gespeichert werden. Wahlfreiheit scheine das Stichwort zu sein, der Staat, die Menschen bräuchten eine Wahlfreiheit. Regulierung gebe es heute schon in einem hohen Maß.
Auch Susanne Pfab stimmt der Wichtigkeit des Stichwortes Wahlfreiheit zu, zumal eine komplette digitale Souveränität unmöglich scheine. Es sei in Deutschland/Europa zu lange zu wenig investiert worden, in die Forschung, in die Rechenzentren, in die Hardware. Man müsse verschiedene Wege gehen, da es nicht die eine Lösung gäbe. Wichtig sei aber auch der Wille, europäische Lösungen zu nutzen auf der Grundlage von Partnerschaften und europäische Alternativen – seien sie kommerziell oder öffentlich-rechtlich – ernst zu nehmen. Ob Europa überhaupt in der Lage sei, einen eigenen Weg zur Digitalen Souveränität zu gehen, hänge davon ab, dass ausreichend Ressourcen mobilisiert und Schwerpunkte gebildet würden und zwar im Rahmen einer europäischen Vernetzung, ergänzten Martin Rabanus und Christopher Buschow. Zum Thema Vernetzung berichtete Susanne Pfab, dass die ARD dies über die Weiterentwicklung der Mediathek zu einem Public Open Space inklusive der Entwicklung eines Kommunikationsangebots vorantreibe. Wichtig sei die Schaffung eines Kommunikationsraumes für die europäische Öffentlichkeit, die Förderung von publizistischen Kernkompetenzen, Investitionen in KI-Kenntnisse sowie in den Wissenserwerb um Zugriffsrechte.
Auf die Frage, wie Google auf die Diskussion blicke, merkte Sabine Frank an, dass Google nun seit 24 Jahren in Deutschland aktiv sei, es habe hier viele (deutsche) Mitarbeiter und selbst ein großes Interesse daran, dass Europa erfolgreich sei. Die Haupteinnahmequelle von Google sei Werbung und diese funktioniere nur, wenn es Unternehmen gäbe, die Werbung dort schalten. Es gebe ausreichend Regulierung, eine gemeinsame Herangehensweise sowie die Förderung europäischer Start-Ups seien hier wichtig sowie finanzkräftiger zu werden. In Deutschland werde zu wenig investiert in AI. Das aktuelle Forschungsbudget in Deutschland läge etwa bei 21 Milliarden Euro, sagte Martin Rabanus. Wie viel davon in den Bereich der digitalen Forschung fließe, könne er nicht sagen, insgesamt aber natürlich ein kleinerer Teil, das sei nicht gut. Da müsse man politisch noch einmal überlegen, wie man andere Schwerpunkte legen könne, neben Batterieforschung und Elektromobilität. Wichtig sei es in jedem Fall, mehr zu tun – und man müsse europäisch vernetzt mehr tun.
Auf die Frage, was die öffentlich-rechtlichen Sender tun im Bereich der Vernetzung, wies Susanne Pfab auf den Ausbau der Mediathek in Kooperation mit dem ZDF und Deutschlandradio zu einem Streaming Operating System hin. Die ARD gehe jetzt in Richtung Public Open Space, um ihrer Aufgabe, Kommunikationsräume zu schaffen, nachzukommen. Es gebe zudem europäische Projekte, die unglaublich wichtig seien, publizistisch, aber auch hinsichtlich der Förderung von Kernkompetenzen, um sich autarker zu machen, Entwicklung von IT-Kenntnissen, Entwicklung eines eigenen KI-Agenten, der ausschließlich auf qualitätsgesicherte Daten zugreife. Wichtig sei die Stärkung des Vertrauens in geeignete KI-Modelle, es gehe um die Schaffung von Alternativen, die KI gehe nicht mehr weg. Sabine Frank wies darauf hin, dass Google es sehr gut fände, wenn alternative Angebote erarbeitet würden, ein offenes Internet sei wichtig. Aber auch bei Google würden Quellen jederzeit angegeben und man sehe, woher die Informationen kämen. Wichtig sei das Prinzip der Offenheit des Internet und die Unterstützung dessen.
Christopher Buschow ergänzte, die Forschung zeige, was passieren könne, wenn kein freier Journalismus mehr verfügbar sei, auch sichtbar in der Praxis in den USA, wo keine lokale Berichterstattung mehr verfügbar sei. Die Menschen seien schlechter informiert, der Wissensstand sinke, das Wahlverhalten ändere sich, das Korrektiv durch den Journalismus gehe verloren. Bei all den Blicken auf europäische Themen und Initiativen dürfe der Blick auf den Lokaljournalismus nicht fehlen und auf die Frage, wie man die Verlage gut in die digitale Zukunft bekomme.
Auf die Frage, wie man eine Präsenz für Alternativen schaffe, wies Christopher Buschow darauf hin, dass die alte Medienwelt nicht mehr zurückkomme und es der Unterstützung von Medienhäusern bedürfe bzw. der Abdeckung von entstehenden weißen Flecken in der journalistischen Landschaft durch die Förderung von Stiftungen, um die Medienlandschaft in die Lage zu versetzen, die digitale Transformation hinzubekommen. Es gehe um die Unterstützung bestehender, etablierter Medienhäuser, aber auch um die Förderung von Gründungen. Auch sei die Ausbildung des journalistischen Nachwuchses wichtig und mache gleichzeitig Hoffnung.
Susanne Pfab berichtete von der Woche der Pressefreiheit, die vor kurzem in Hamburg stattgefunden habe, in deren Rahmen man bei einer Nachwuchsjournalistenkonferenz – in Kooperation mit den Verlagen – darüber gesprochen habe, was die benötigten Skills für junge Journalisten und Journalistinnen seien und wie Praxiserfahrungen gesammelt werden könnten. Bezüglich des Lokaljournalismus gebe es nicht die eine Lösung. Es müsse einerseits gefördert werden und andererseits bedürfe es Partnerschaften. Zudem gebe es auch eventuell technische neue Chancen. Diese nutzen zu können, sei wichtig für den journalistischen Nachwuchs. Möglicherweise könnten Redaktionen, die Ressourcenprobleme hätten, an der einen oder anderen Stelle sehr gut mit KI arbeiten. Aber da brauche es auch in der Ausbildung Informationen, wie man mit der KI verantwortungsvoll umgehen könne: Wo kann mir KI in der redaktionellen Arbeit helfen, aber wo muss ich auch aufhören, KI zu nutzen, um die redaktionelle Hoheit zu behalten? Damit sei man dann allerdings wieder bei dem Thema Regulierung im Sinne einer eventuell angepassten Regulierung. Für Plattformen habe man dies bereits getan, für den Themenkreis der KI-Agenten sei dies noch entscheidend für Transparenz, Auffindbarkeit und Zugänglichkeit. Susanne Pfab betonte, dass es dort, wo dies nicht funktioniere, einen Hebel geben müsse, um die Wahrung der Urheberrechte zu sichern. Das Presseleistungsschutzgesetz passe nicht zur KI und die kostenlose Nutzung durch die KI sei nicht in Ordnung.
Sabine Frank stellte klar, dass Google die Fragen der Urheberrechte sehr ernst nehme und allen die Entscheidung überließe, ob sie mit ihren Werken erscheinen wollten und dies auch bereits technisch unterstützt würde. Google sehe sich auch hier als Partner. Sabine Frank betonte ebenfalls, dass der Journalismus essentiell für eine funktionierende Demokratie sei und Google seit vielen Jahren zusammenarbeite mit Verlagen, auch zum Thema Abonnements von Inhalten, es gebe zahlreiche Lizenzvereinbarungen mit Verlagen. Google nehme sich nicht aus Pflicht und sehe hier seine Verantwortung.
Martin Rabanus merkte an, dass die KI im Themenbereich des Urheberrechts ein großes Problem darstelle, da hier bisher keine Monetarisierung stattgefunden habe. Es gebe keine Problemlösungsmechanismen für leistungsschutzrechtliche und urheberrechtliche Fragen in der digitalen Welt und es bestehe ein großer Handlungsbedarf. Es sei gut, dass Google Lizenzvereinbarungen abschließe, aber viele andere täten dies nicht. Susanne Pfab wies auf die Bemühungen seitens Google hin, merkte jedoch auch an, dass dort, wo es nicht funktioniere, es künftig einen Hebel geben müsse, um dagegen vorzugehen. Wichtig sei hier Augenhöhe bzw. eine geeignete Position und das Presseleistungsschutzgesetzt passe nun einmal nicht zu den KI-Agenten. Da habe man eine neue Lücke und man müsse genauer hinschauen, eventuell in Form eines neuen publizistischen Leistungsschutzgesetzes. Viele Anbieter wollten in den KI-Agenten vorkommen. Es bedürfe der Verantwortung aller, dass es gute KI-Agenten seien. Diese Diskussion sei jetzt wichtig, damit Urheber und Kreative weiterhin auf ihre Grundlagen zugreifen könnten. Christopher Buschow verwies auf Ergebnisse der Forschung, die zeigten, dass sich Abläufe und Machtkämpfe immer wiederholten, nach den Entwicklungsprozessen von Social Media käme nun KI an die Reihe.
Wie aber könne man Nutzerinnen und Nutzern helfen, sich im Digitalen zurechtzufinden? Christopher Buschow merkte an, dass es nie mehr Möglichkeiten gegeben habe, sich ein eigenes Medienmenü zusammenzustellen als heute, aber es sei auch nie schwieriger gewesen. Medienkompetenz, Nachrichtenkompetenz und Digitalkompetenz seien nicht die einzigen Faktoren, die gestärkt werden müssten. Es müsse auch gute Produkte und Angebote geben. Da seien die Medien gefragt, für die junge Generation geeignete Produkte zu produzieren, um diese nicht zu verlieren. Es wachse eine Generation heran, die kaum noch mit journalistischen Inhalten sozialisiert werde. Das sei ein richtiges Problem für den Journalismus. Alle müssten viel mehr Verantwortung für sich übernehmen, was eigentlich konsumiert würde. Sabine Frank ergänzte, dass noch nie so viel Vielfalt an Informationen dagewesen sei, und es sei eine Aufgabe des Journalismus, die Menschen zu unterstützen und wieder in den Diskurs zu holen.
Auf die Frage, ob es heutzutage eine Überdosis an Nachrichten – eine Art „Nachrichten-Fatigue“ – gebe, betonte Susanne Pfab die Wichtigkeit von Medien- und Digitalkompetenz und die Sicherung der Teilhabe. Junge Menschen wüchsen selbstverständlich mit KI auf, aber ältere Menschen hätten häufig gar keine Lust mehr, sich mit KI zu beschäftigen und diese zu nutzen. Es sei sehr wichtig, den Menschen etwas zu bieten, auf das sie vertrauen können in einem Angebotsdschungel und dieses verlässlich.
In der Abschlussrunde ging es um die Frage, wie eine europäische Plattform aussehen könnte. Christopher Buschow stellte fest, dass diese nicht monolithisch sein dürfe, sie müsse stärker vernetzt und offen sein. Man solle nicht schauen, was USA und China machten, sondern es müsse mit eigenen Werten und Prinzipien gearbeitet werden. Ob das dann wettbewerbsfähig sei, könne er nicht einschätzen, aber wenn dies nicht ausprobiert werde, würden wir es nie wissen. Susanne Pfab ergänzte, dass es um Vielfalt gehe, um Public Open Space und um vernetzte Infrastrukturen. Es müssten verlässliche Open Source-Lösungen sein mit einem gemeinsamen Login. Dem schloss sich Martin Rabanus an und er ergänzte, dass es um wissenschaftliche und zivilgesellschaftliche Organisationen gehe, die einen Beitrag leisten müssten, und es wichtig sei, einen niedrigschwelligen und einigermaßen qualitätsgesicherten Zugang zu bieten. Zudem müsse erkannt werden können, wenn sich Fake News darin verbreiten, um gegensteuern zu können. Sabine Frank betonte im Schusswort, es gebe bereits sehr viele neue Plattformen und auch die großen Marken seien vielfältig. Wichtig sei, dass die Qualitätsmedien dort zu finden seien, wie ARD und ZDF auf YouTube. Sie mache sich nicht so viele Sorgen, da sie davon ausgehe, dass die großen Marken in ihrer Vielfalt bleiben würden. Google würde sich freuen, als Partner wahrgenommen zu werden.






Bilder: Tom Maelsa / Grimme-Institut