In ihrem Grußwort betonte Çiğdem Uzunoğlu, die Geschäftsführerin des Grimme-Instituts, die Wichtigkeit eines fortlaufenden Dialogs zwischen Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft für die Wahrung digitaler Souveränität und demokratischer Verfassung. Dabei gehe es nicht nur um Infrastrukturen, wichtig sei auch, die individuelle Ebene nicht aus den Augen zu verlieren: „Für Privatpersonen heißt digitale Souveränität: bewusst zu entscheiden, welche Daten man teilt, wie man seine Privatsphäre schützt – und letztlich auch: welche digitalen Werkzeuge, welche Apps, welche Plattformen etc. man nutzt.“
Das Grußwort im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Staatsminister Weimer,
sehr geehrter Herr Minister Liminski (er wird später bei uns sein),
sehr geehrter Herr Rabanus,
lieber Markus Beckedahl,
liebe Sabine Frank,
liebe Speakerinnen und Speaker,
liebe Gäste,
es ist mir eine große Freude und Ehre, Sie heute hier zur Fachkonferenz „Digitale Souveränität und die Verantwortung der Medien“ begrüßen zu dürfen.

Digitale Souveränität – ein Begriff, der heutzutage in aller Munde ist, aber selten in aller Klarheit, besonders in dieser Woche auf der politischen und medialen Bühne in Berlin. Souveränität, wie wir alle wissen, heißt Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, die Fähigkeit, über das eigene Handeln zu entscheiden. Seit Jahrhunderten verteidigen Menschen, mal mehr, mal weniger, ihre Freiheit, ihre Unabhängigkeit, sobald sie bedroht ist – oder auch nur, wenn sie den Eindruck haben, dass sie bedroht sein könnte.
Doch wie steht es heute um unsere digitale Souveränität? Überlassen wir – vielleicht auch unbemerkt – unsere Unabhängigkeit in digitalen Räumen den großen Tech-Konzernen, den Plattformen, den Algorithmen, ja, zunehmend auch der Künstlichen Intelligenz? Etwas, das uns im Analogen unvorstellbar erscheint – nämlich Kontrolle und Macht über unser Handeln, über unsere Entscheidungen abzugeben – geschieht im Digitalen oft still, manchmal schleichend und scheinbar alternativlos.
Digitale Souveränität ist heute eine zentrale Herausforderung – für uns als Individuen, für unsere Institutionen und für unsere Demokratien. Und gerade in Europa ist das entscheidend, weil unsere Ordnung unter anderem auf Freiheit, Transparenz und Rechtsstaatlichkeit beruht. Verlieren wir im Digitalen die Kontrolle, gefährden wir genau diese Grundlagen. Erst vor wenigen Tagen fand in Berlin der deutsch-französische Gipfel zur digitalen Souveränität statt. Und auch dort wurde deutlich: Dieses Thema ist kein technischer Nebenschauplatz, sondern eine Kernfrage demokratischer Selbstbestimmung.
Auch für uns im Grimme-Institut ist digitale Souveränität das Jahresthema. Sie zieht sich durch die Arbeit des Grimme Labs, durch unsere Publikationen – etwa die neue Preispublikation des Grimme Online Award – und sie bildet die Grundlage für unsere heutige Fachkonferenz.
Aber was bedeutet digitale Souveränität konkret? Sie bedeutet:
- dass wir selbst bestimmen, wie digitale Technologien und Räume genutzt werden.
- Dass wir die Hoheit über unsere Daten behalten – also das Selbstbestimmungs- und Entscheidungsrecht darüber, was mit ihnen geschieht.
- Und dass Wissen und Information unabhängig, vielfältig und partizipativ vermittelt werden – nicht gemacht durch KI, nicht gelenkt durch Algorithmen, nicht gesteuert durch Klickzahlen.
Für Unternehmen, Institutionen und Staaten bedeutet digitale Souveränität, kritische Infrastrukturen sicher und unabhängig zu betreiben – und dazu gehören ausdrücklich auch sichere und unabhängige Medien- und Bildungsinfrastrukturen. Denn ohne sie ist eine Demokratie weder machbar noch denkbar.
Für Privatpersonen heißt digitale Souveränität: bewusst zu entscheiden, welche Daten man teilt, wie man seine Privatsphäre schützt – und letztlich auch: welche digitalen Werkzeuge, welche Apps, welche Plattformen etc. man nutzt. Doch schon hier stoßen viele an Grenzen. Wer weiß tatsächlich, wer welche Daten sammelt – und zu welchem Zweck? Habe ich wirklich die Wahl, mich frei im Netz zu bewegen, wenn fast jede App, jede Software, jedes Spiel, jede Plattform meine Spuren speichert?
Oft fehlt schlicht das Wissen – und häufig auch die Möglichkeit, sich bewusst gegen eine Nutzung zu entscheiden.
Wie souverän ist man also, wenn man nicht wirklich die Wahl hat? Digitale Souveränität ist nicht nur ein staatliches oder wirtschaftliches Ziel – sie hat auch eine individuelle Dimension. Zugleich ist sie eine politische und mediale Aufgabe. Wer kontrolliert eigentlich die digitalen Räume, in denen wir uns informieren, austauschen und bilden? Wer legt fest, welche Informationen sichtbar werden – und welche im Algorithmus verschwinden? Wem gehören die digitalen Räume?
Wenn große Plattformen entscheiden, was wir sehen, hören und lesen, stellt sich zwangsläufig die Frage: Was bleibt dann von der Souveränität der Medien – und was bleibt von der Demokratie selbst? Diese Frage wird noch brisanter, wenn wir bedenken, dass Medien, Wissenschaft, Bildung, Wirtschaft und Politik ihre Inhalte zunehmend über diese Plattformen verbreiten – und damit in gewisser Weise abhängig von ihnen werden.
Hier beginnt die Verantwortung von uns allen, aber ganz besonders die Verantwortung der Medien.
Denn unabhängige und selbstbestimmte Medien sind Grundpfeiler unserer Demokratie.
Sie tragen Verantwortung – nicht nur für Inhalte, sondern auch für Transparenz, Aufklärung und digitale Mündigkeit.
In einer Zeit, in der KI-generierte Texte, Bilder und Videos Realität sind, kommt es mehr denn je auf journalistische Qualität, Prüfbarkeit und ethische Verantwortung an. Medien müssen Räume schaffen, in denen Menschen verstehen, was digitale Macht bedeutet – und mitreden und entscheiden können, wenn es um die Gestaltung dieser Räume geht.
Eine wehrhafte Demokratie braucht daher unter anderem drei Dinge:
- eine starke, unabhängige und verantwortungsbewusste Medienlandschaft,
- klare Regeln für digitale Plattformen – also eine Ordnungspolitik, die demokratische Werte schützt und stärkt,
- und eine kritische, aktive Zivilgesellschaft, die ihre digitale Souveränität lebt und einfordert.
Digitale Souveränität ist kein technisches Detail. Sie ist eine demokratische Kulturleistung – eine Aufgabe, die uns alle betrifft: Politik, Medien, Wissenschaft, Bildung und Zivilgesellschaft. Lassen Sie uns diesen Tag nutzen, um Ideen zu teilen, Beispiele kennenzulernen und Wege zu finden, wie wir digitale Souveränität in unseren jeweiligen Bereichen stärken können.
Wir sind heute zu Gast bei Google Berlin, deshalb möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bei Sabine Frank und ihrem Team bedanken, insbesondere bei Frau Lampe, Frau Rechberg und Herrn Mache. Ohne Ihre Unterstützung wäre diese Veranstaltung in dieser Form heute nicht möglich gewesen – vielen Dank dafür! Und zugleich darf ich Ihnen versichern: Diese Tagung ist eine Veranstaltung des Grimme-Instituts – und wir tragen die inhaltliche Verantwortung für Themen, Perspektiven und Diskussionen des heutigen Tages.
Mein herzlicher Dank gilt allen, die diese Tagung möglich gemacht haben – unseren Speakerinnen und Speakern, Moderatorinnen und Moderatoren und ganz besonders meinem Team, das mit großem Engagement diese Veranstaltung vorbereitet hat.
Ich wünsche uns allen inspirierende Gespräche, spannende Einsichten und persönliche Begegnungen – nicht nur in den Panels und Diskussionen, sondern auch beim Get-together heute ab 16:30 Uhr.
Vielen Dank – und einen erfolgreichen Konferenztag!