Deutschland befindet sich in der Rangliste der Pressefreiheit 2018 auf Platz 15, hat sich damit seit dem Vorjahr um einen Platz verbessert und liegt unter den EU-Staaten unverändert im Mittelfeld. Dennoch beschreibt ROG in der „Nahaufnahme“ einige „strukturelle Mängel, die für die Presse- und Informationsfreiheit in Deutschland bedrohlich sind“. Diese sollen hier kurz zusammengefasst werden.
Zu den beklagten Mängeln zählen insbesondere gegen Journalisten gerichtete tätliche Übergriffe, Drohungen und Einschüchterungsversuche , die Erschwerung ihrer Arbeit und die Gefährdung ihrer Informanten durch Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden, sei es durch Überwachung und Datenspeicherung oder aber durch Ausschluss, wie etwa im Fall der „schwarzen Liste“ des BKA im Kontext des Hamburger G20-Gipfels im Juli 2017, bei dem 32 Journalisten die bereits erteilte Akkreditierung entzogen wurde.
„Ende August 2017 offenbarten Recherchen der ARD-Tagesschau, dass die Entscheidungen, den Journalisten ihre Akkreditierung zu entziehen, in zehn Fällen auf Einträgen in Polizeidateien basierten, die entweder offensichtlich falsch oder nach Einschätzung von Juristen eindeutig rechtswidrig waren.“
Als Journalisten gegen den Entzug ihrer Akkreditierung klagten, stellte sich heraus, dass das LKA Berlin einige der dafür relevanten Daten gelöscht hatte. Dies kritisierte der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte, Peter Schaar: „Wenn Daten gelöscht werden, um zu verhindern, dass die Rechtmäßigkeit ihrer Speicherung überprüft wird, handelt es sich um die Unterdrückung von Beweismitteln“.
Reporter ohne Grenzen hat darüber hinaus (zusammen mit anderen Organisationen) gegen das im Januar 2017 in Kraft getretene sogenannte BND-Gesetz Verfassungsbeschwerde eingereicht, das es dem Auslandsgeheimdienst gestattet, die Kommunikation von „Journalisten, ganzen Redaktionen oder Verlagshäusern im außereuropäischen Ausland“ zu überwachen, wenn dies „im politischen Interesse Deutschlands liegt“.
Eine weitere Verfassungsbeschwerde gilt dem Straftatbestand der „Datenhehlerei“, der die Nutzung geleakter Informationen unter Strafe stellt, „ohne für angemessenen Schutz der Presse zu sorgen“.
Auch das seit Januar 2018 geltende Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das soziale Netzwerke zum Löschen von „offensichtlich rechtswidrige[n]“ Beiträgen innerhalb von 24 Stunden verpflichtet, erfüllt ROG mit Sorge, denn durch die Androhung von Bußgeldern, verbunden mit den kurzen Löschfristen, bestehe die Gefahr des Overblocking – was wiederum dazu führen könne, dass auch journalistische Artikel gelöscht werden, bevor geklärt werden kann, ob sie rechtswidrig sind oder nicht.
Auch 2017 haben Politiker wieder Journalisten von Veranstaltungen ausgeschlossen, besonders Vertreter der AfD. Aber auch zwei kommunale Bürgermeister und ein Fußballverein verweigerten im vergangenen Jahr die Zusammenarbeit mit der Presse.
Und schließlich: Der Trend der Zusammenlegung von Zeitungen oder Redaktionen setzt sich fort – und einige Redaktionen widmen sich dem Native Advertising, „bei dem werbende Texte in das Layout der Redaktion integriert werden und für den Leser kaum noch von journalistischer Berichterstattung zu unterscheiden sind“ – was zu entsprechenden Rügen seitens des Presserats geführt hat.
(Alle Zitate, sofern nicht anders gekennzeichnet, aus der „Nahaufnahme Deutschland“ der Reporter ohne Grenzen.)