In Deutschland haben sich in den vergangenen Monaten viele Gruppen und Initiativen gegründet, die vor Ort Flüchtlingshilfe leisten. Viele sind aus sozialen Online-Netzwerken entstanden und organisieren sich auf diese Weise. Auch wer seine Hilfe, eine Wohnung oder einen Job für Flüchtlinge anbieten möchte, findet online entsprechende Netzwerke.
Mit seiner Initiative „Willkommen in Mülheim“ ist der Unternehmer Reinhard Jehles zum Sinnbild für Engagement und Hilfsbereitschaft unter den Bürger(inne)n in NRW geworden. Was ursprünglich im Sommer 2014 als Facebook-Aufruf zu Spenden für eine Flüchtlingsfamilie begann, ist mittlerweile zu einem Warenhaus für Sachspenden geworden, in dem sich 60 ehrenamtliche Helfer(innen) engagieren. Vielfach haben sie selbst Fluchterfahrung. Verteilt werden etwa gespendete Kleidung, Möbel und Spielzeug. Auch Veranstaltungen, bei denen sich Mülheimer(innen) und Flüchtlinge begegnen können, zählen mittlerweile zu der Initiative. Berichte unter anderem in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung oder im ZDF machten das Projekt überregional bekannt, so dass Spenden aus dem ganzen Bundesgebiet „Willkommen in Mülheim“ erreichen. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger würdigte bei einem Besuch das Projekt als „tolles Beispiel für ehrenamtliche Hilfe und die gelebte Willkommenskultur in ganz NRW“. Mittlerweile steht das Projekt unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.
Die „Aktion Neue Nachbarn“ ist eine Initiative des Erzbistums Köln. Interessierte, die sich selbst für die Flüchtlingshilfe in Köln engagieren möchten, finden auf der Website der Aktion Tipps und Ansprechpartner. Über die Facebook-Gruppe „NeueNachbarnNetzwerk“ können Sachspenden und Wohnungsangebote koordiniert werden. Neben der Vernetzung gibt das Neue Nachbarn Netzwerk medial den Flüchtlingen eine Stimme und macht auch das vorbildliche Engagement der Helfer(innen) sichtbar. Auf der Website www.aktion-neue-nachbarn.de werden besondere Aktionen mit Berichten, Bildern und Videos dokumentiert, so zum Beispiel die Sprachkurs-Arbeit in der Flüchtlingsunterkunft „Köln-Mülheimer Hotel“.
Im Youtube-Kanal der Aktion Neue Nachbarn werden Menschen vorgestellt, die aus ihrer Heimat flüchten mussten und in Deutschland neu beginnen. Saddam Hariri aus Syrien wohnt nun in Wuppertal. An Deutschland schätzt er Sicherheit und Meinungsfreiheit.
Die Initiative „Flüchtlinge willkommen in Düsseldorf! Refugees welcome to Düsseldorf!“ vernetzt ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe Engagierte und stellt auf fluechtlinge-willkommen-in-duesseldorf.de Informationen unter anderem zu Ansprechpartner(inne)n vor Ort zur Verfügung. So findet man etwa Zugang zu den jeweiligen Koordinierungsstellen der Flüchtlingshilfe in den einzelnen Stadtteilen, erhält Kontakt zu Dolmetscher(inne)n und wird über Angebote wie Sprachkurse informiert. Neben dem Weblog gibt es auch eine Facebook-Seite und eine Facebook-Gruppe , über die Einladungen zu Diskussions- und Vernetzungsveranstaltungen oder Sachspendenangebote bzw. -aufrufe geteilt werden.
Hilfe online anbieten
Viele Menschen wollen sich vor Ort in der Flüchtlingshilfe engagieren und an vielen Stellen werden helfende Hände gebraucht. Online-Tools helfen, Freiwillige und Hilfsprojekte zusammenzubringen.
Die Online-Plattform ichhelfe.jetzt sammelt Hilfsangebote von Menschen, die sich entweder mit Zeit- oder Sachspenden für die Flüchtlingshilfe in Deutschland engagieren möchten. Freiwillige können angeben, mit welchen Kenntnissen und Mitteln sie helfen können und wo sie gerne eingesetzt werden möchten. Hilfsorganisationen, die beispielsweise ein Flüchtlingscamp betreuen, können diese Angebote einsehen und die Freiwilligen kontaktieren.
Ein ähnliches Portal hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalen im Sommer 2015 mit www.ich-helfe.nrw gestartet. Institutionen und Projekte der Flüchtlingshilfe aus NRW können sich dort eintragen und angeben, in welchen Bereichen sie Unterstützung brauchen. Ausgewählt werden kann zwischen „Sachspenden“, „Zeitspenden“ und „Dolmetschen“ mit jeweils passenden Unterkategorien. Nach den entsprechenden Kriterien können dann auch Hilfswillige recherchieren, wo in ihrem Umfeld Unterstützung benötigt wird. Die Plattform befindet sich im Moment noch im Auf- und Ausbau. Deswegen ruft die Landesregierung dazu auf, Initiativen der Flüchtlingshilfe im Land dort einzutragen.
Wohnungs- und Jobvermittlung
“Warum können geflüchtete Menschen in Deutschland nicht einfach in WGs wohnen statt in Massenunterkünften?” Das haben sich die Macher(innen) von www.fluechtlinge-willkommen.de gefragt und kurzerhand das Prinzip von Online-Wohnungsbörsen an die Bedürfnisse von Geflüchteten angepasst. Wer ein freies Zimmer in seiner Wohnung hat, kann es auf der Seite anbieten und mit Hilfe der Plattform Kontakt zu wohnungssuchenden Flüchtlingen erhalten. Auch bei der Finanzierung der Unterbringung in privaten Unterkünften sowie bei Fragen zum WG-Alltag bietet die Plattform Hilfe an. Dass das Prinzip funktioniert, zeigen die Geschichten des Zusammenlebens im Blog der Wohnungsbörse .
Ausbildungs- und Jobbörse für Flüchtlinge
Wo es eine Wohnungsbörse für Flüchtlinge gibt, kann auch eine Jobbörse nicht weit sein. Sprachbarrieren, die fehlende Anerkennung von Abschlüssen und Beschränkungen der Arbeitserlaubnis machen es Flüchtlingen aber nur schwer möglich, die üblichen Online-Jobbörsen zu nutzen. Umgekehrt ist es für Arbeitgeber schwierig, diese Zielgruppe über klassische Kanäle zu erreichen. Workeer richtet sich deswegen gezielt an Flüchtlinge und schafft einen Raum, der ihre Bedürfnisse und Voraussetzungen berücksichtigt und in dem sie auf Arbeitgeber(innen) treffen, die ihnen gegenüber aufgeschlossen sind. Über 3.000 Bewerber(innen) stellen sich, ihre Fähigkeiten und ihre Berufswünsche bereits auf der Plattform vor und treffen auf etwa 2.500 Jobangebote. Entstanden ist die Plattform aus einer Abschlussarbeit zweier Kommunikationsdesign-Studenten der HTW Berlin.
Auch die Plattformen www.jobbörse.de sowie nun ganz neu (April 2017) www.jobbörse-stellenangebote.de bieten „Jobs für Flüchtlinge“ an. Die Initiatoren des Online-Angebots möchten einen solidarischen Beitrag zur aktuellen Flüchtlingssituation in Deutschland leisten und bieten ihre Dienste daher kostenlos für Arbeitgeber und Flüchtlinge an. In der Bewerberdatenbank befinden sich bereits über 840 registrierte Flüchtlinge, die unterschiedliche Qualifikationen und die notwendigen Voraussetzungen für die Aufnahme einer Arbeit mitbringen.
Veröffentlicht: Februar 2016
zuletzt aktualisiert: April 2017
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